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Vor einiger Zeit hatten wir ja die Möglichkeit, in Remscheid eine Street Glide kurz zur Probe zu fahren und waren ziemlich enttäuscht - sowohl vom Mopped selbst als auch vom Händler.
Vor kurzem erreichte uns dann eine Einladung von Thunderbike, dem Harley-Händler & Customizer am Niederrhein:
Man bot uns an, an einer exklusiven GRAND TOURING Probefahrt teilzunehmen. Obwohl wir das Thema Harley eigentlich ad acta gelegt hatten, sagten wir zu. Wir fuhren allerdings schon in der Erwartung hin, erneut enttäuscht zu werden - aber das Gegenteil war der Fall...
Zunächstmal war der Empfang bei Thunderbike gleich mal eine Liga höher und kundenfreundlicher als in Remscheid. Die verfügbaren Moppeds - allesamt aus dem Touringsektor - standen wie an einer Perlenschnur aufgereiht vor dem Roadhouse und erwarteten uns bei strahlendem Sonnenschein. Jedes war blitzblank gewienert und Rost wie in Remscheid war nirgendwo zu entdecken.
Bei ner' ersten Tasse Kaffee und ein bisschen Gequatsche mit den anderen Probefahrern konnte man sich schonmal aussuchen, welche man zuerst fahren wollte. Wir entschieden uns für die weiße Heritage Softail Classic - also im weitesten Sinne sowas wie unsere Royal Star, bloß mit halbsoviel Zylindern, dafür technisch state of the art.
Erster Sitzeindruck, sowohl hinten als auch vorne: Wow, man sitzt perfekt und saubequem.
Die Heritage hielt dann später auch, was sie beim Probesitzen versprach: Bei der anschließenden Rundfahrt von knapp anderthalb Stunden steigerte sich die Begeisterung mit jedem gefahrenen Kilometer.
Andreas, der Big Boss von Thunderbike, machte den Tourguide und kannte sich natürlich aus - seine Straßenwahl war bestens geeignet für diese Tour. Wir fuhren über kleine Nebenstraßen am Niederrhein entlang, überquerten zweimal den Strom auf'm Highway und cruisten über gut ausgebaute Landstraßen bis ins niederländische Tolkamer, wo wir für einen Kaffeestopp hielten.
Schon während der Kaffeepause gab's zwischen Helene und mir einiges zu diskutieren. Aber tatsächlich war das keine Diskussion, sondern ein gegenseitiges Aufzählen von Vorzügen, die die Heritage uns jeweils offenbarte.
Für Helene war ausschlaggebend, dass die Heritage die Bezeichnung tourentauglich tatsächlich verdiente. Der Soziussitz war bequem und kein nach hinten abgerundetes Brötchen wie bei der Street Glide ein paar Wochen zuvor. Sissybar und Sozius-Trittbretter komplettierten ihren Eindruck.
Auch für mich war es ein völlig anderes Fahrgefühl als bei der "plastikverkanzelten" Street Glide. Ich hatte heute wieder das Gefühl, ein echtes Mopped zu fahren und nicht ein rollendes Infotainmentspielzeug. Das einzige Infotainment, das die Heritage bietet, ist der reine Fahrspaß - und so soll's meiner Meinung nach auch sein. Alle notwendigen Anzeigen sind im Rundtacho auf dem Tank untergebracht. Kein Spracherkennungssystem, keine Sprachausgabe - die einzige Sprache, die die Heritage versteht und spricht, sind Lenkimpulse und Gewichtsverlagerung mit dem Hintern.
Wir beide fanden sie rundum toll und überlegten schon, ob beim Kaufpreis vorne noch eine Zwei oder doch schon eine satte Drei stehen würde...
Kurze Randnotiz: Beim zweiten Turn wechselten wir auf eine Road King - eine Harley, von der ich immer dachte, dass sie ebenfalls für uns in Frage käme. Doch auch die konnte uns nicht so recht überzeugen; uns erschien das Fahrwerk bzw. die Federung weniger komfortabel und der Motor deutlich "ruppiger" im Vergleich zur Heritage.
Nach der Rückkehr auf den Hof schauten wir nochmal kurz auf die Heritage und schon bat uns Big Boss Andreas zu einem Rundgang durch die heiligen Hallen - u.a. besichtigten wir auch die Customschmiede. Alles wurde gezeigt und erläutert.
Auf die Frage eines Mitfahrers, wie sich denn die Chromqualität von Harley zu anderen Marken unterscheiden würde, meinte Andreas ganz trocken: "Das Zeug kommt doch heute bei allen Marken aus den gleichen Quellen, Harley ist da nicht schlechter oder besser als andere."
Oder, auch diese Ansicht gefiel mir: "Es ist sch...egal, welche Marke man fährt. Es kommt nicht darauf an, ob Du ne' Harley fährst oder nen' Japaner, es kommt nur darauf an, dass Dir Dein Motorrad Spaß macht, nur das alleine ist wichtig und sollte kaufentscheidend sein."
Bei jedem anderen Händler würde man vermuten, dass man nach so einem umfangreichen offiziellen Programm automatisch an einen Verkäufer durchgereicht werden würde, der einen dann im Vier- bzw. Sechsaugengespräch kauffertig reden sollte - aber nicht so bei Thunderbike. Sie machen es saucool, besser kann es kein Drogendealer machen: Sie fixen Dich nur an, ziehen sich dann zurück und warten gelassen ab, der Rest ergibt sich von alleine.
So auch bei uns: Statt ins Roadhouse zum Buffet, gingen wir nochmal raus zur Heritage und umkreisten sie nochmal rechtsrum und linksrum und ja, dann sind wir wieder reingegangen und haben selbst nach einem Verkäufer gefragt. Der war natürlich prompt zur Stelle und beriet uns echt fair, wie wir meinen. Unsere Sonderwünsche kommentierte er mit: "jo, macht Sinn" oder "laß' das, ist überflüssig". Das finde ich sehr gut und es ist ganz sicher eher die Ausnahme im Vergleich zu anderen Händlern.
Jedenfalls kostet eine "nackte" Heritage Softail Classic rund 23 Scheine, mit unseren ganzen Sonderwünschen (u.a. mit einer Jekill and Hyde-Anlage und breiterem Lenker) kamen wir am Ende auf knapp 27 Mille. Das ist immerhin rund viertausend Euro günstiger als die Indian Chief Vintage, die wir vor kurzem gefahren sind...
Vielen Dank an die Jungs von Thunderbike für diesen tollen Tag!
Länge: 2,405 m
Radstand: 1,635 m
Sitzhöhe: 69 cm
Leergewicht (fahrbereit): 339 kg
Tankinhalt: 18,9 l
Hubraum: 1690 ccm
Leistung: 75 PS (55 kW)
Drehmoment: 130 Nm (bei 3000 U/min)
Antrieb: Kette
Lenkkopfwinkel: 31
Nachlauf: 147 mm
Bremsen: Vierkolben-Bremssattel vorn und Zweikolben-Bremssattel hinten
Bereifung: MT90B16 72H (vorne), 150/80B16 71H (hinten)