4. Etappe Bergerac - Pamplona

Dienstag, 1. Mai 2012

...und täglich grüßt das Murmeltier...

Morgennebel und Frühtau tauchte unsere geplante Abfahrt aus Bergerac in eine mystische Kulisse. Gestört eigentlich nur vom unsympathischen Geräusch einer sterbenden Batterie.

 

An diesem Morgen halfen weder Handauflegen noch Anschieben und Pit & Dorothea standen mit leicht deprimiertem oder hilflosem Gesichtsausdruck neben ihrer Maschine.

Frankreich | Bergerac | Jakobsweg per Motorad | reisecruiser.de Da half auch kein Handauflegen mehr...

 

 

 

 

Zu ihrem Glück zauberte Andreas aber ein Starthilfekabel aus seinem Gepäck und mit etwas Verzögerung konnten wir unsere heutige Weiterreise in die Pyrenäen doch noch gemeinsam starten. Wir gingen einfach mal davon aus, dass es die Maschine zumindest bis auf die Pyrenäen schaffen würde, runter könnte sie ja auch so rollen...;-)

 

Uns allen war klar, dass diese kommende Etappe einiges von uns abverlangen würde. Geplant waren rund vierhundert Kilometer inclusive Pyrenäenüberquerung und Besuch der Arbayunschlucht - doch am Ende wurden es über fünfhundert Kilometer und ein fast zwölfstündiger Tag im Sattel; und die ersten von uns hatten darüber hinaus schon mit Erkältung und Halsschmerzen zu kämpfen.

 

Trotzdem war es aus unserer Sicht eine der schönsten Etappen - sowohl aus fahrerischer wie auch aus landschaftlicher Sicht, sogar das Wetter spielte mal komplett mit. Der Reihe nach:

Von Aquitanien in die Ausläufer der Pyrenäen...

Frankreich | Jakobsweg per Motorad | reisecruiser.de Geschwungenes Aquitanien

Nachdem wir in Bergerac nochmal die Tanks aufgefüllt hatten, versprach auch der Blick zum Himmel für diesen Tag besseres Wetter. Dank des Ruhetages zuvor waren auch unsere durchnäßten Klamotten wieder trocken, einem schönen Motorradtag stand also nix im Wege.

 

Wir verließen Bergerac in südwestlicher Richtung, überquerten bei Marmande die Garonde und fuhren ein paar schöne Stunden durch die Weingebiete von Bordeaux. In weiter Ferne konnten wir am Horizont die Bergspitzen der Pyrenäen erahnen.

 

Nahezu unmerklich ging es langsam aber sicher bergauf. Otto, der am Navi seiner FJR 1300 ständig die Höhenangaben überprüfte, hielt uns bei jeder Zigarettenpause auf dem Laufenden. Wir fuhren ab Mont de Marsan ständig südwärts, via Othez und Oloron-St.-Marie. Dort trafen wir am Marktplatz dann auch schon auf die ersten Pilger, die sich zu Fuß in Richtung Pyrenäen schleppten - oder von da herunter kamen.

Et kütt wie et kütt: Ein gesperrter Paß zwingt uns zu einem Umweg...

Wir cruisten jedoch relaxt in Richtung Tardets-Sorholus, um kurz danach die Auffahrt zum Port de Larrau für die Überquerung der Pyrenäen zu benutzen. Kurz hinter dem Ortsausgang von Tardets hätte ich es beinahe übersehen: Ein Schild, das uns mitteilte, dass der Paß gesperrt war. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet - hatten wir doch extra die westlichen Pyrenäen für die Überquerung gewählt, weil wir annahmen, dass dort eine Passage zu dieser Jahreszeit problemlos möglich sei.

 

Wie gesagt, ich hätte das Schild beinahe übersehen. Im Vorbeifahren registrierte ich nur einen roten Punkt hinter dem Wort Larrau. Knapp fünfzig Meter später stoppte ich aber und lief zurück zum Schild. Da stand es dann eigentlich unübersehbar: Der Paß war gesperrt. Zum Glück war hinter einem anderen Paß jedoch ein grüner Punkt, also freie Fahrt in Richtung Col de la Pierre Saint Martin (1760 m) in den Zentral-Pyrenäen. Irgendwie komisch, denn der von uns ursprünglich vorgesehene Paß wäre "nur" knapp 1500 Meter hoch gewesen.

 

Zu diesem Zeitpunkt machten wir uns über die Streckenlänge bzw. den möglichen Umweg noch keine Gedanken. Zunächst ging es erstmal auf engen Straßen stetig und steil bergauf. Der Straßenbelag war nicht gerade der Hit; lediglich die Reiseenduros von Anja (650er V-Strom) & Andreas (R 1200 GS ADV) dürften ihre helle Freude gehabt haben. Wir anderen hatten mehr damit zu tun, den Schlaglöchern auszuweichen und uns von den mehrere hundert Meter tiefen Abgründen rechts und links fernzuhalten.

 

Nach einer weiteren der unzähligen Kurven lagen plötzlich große Schneebrocken auf der Fahrbahn. Obwohl wir seit vielen Kilometern die weißen Gipfel vor uns gesehen hatten, war ich schon wieder total überrascht und beeindruckt. Bis dahin dachte ich noch, dass wir durch irgendein Tal schneefrei zwischen zwei Gipfeln hindurch fahren würden. Erst langsam dämmerte mir, dass wir auf einen der Gipfel zusteuerten.

 

Die Kurvenfahrt ging weiter und nach einer letzten Linkskurve verließen wir den Wald und das grelle Weiß von unendlichen Schneefeldern blendete die Augen: Wir waren auf dem Col de la Pierre Saint Martin angekommen. Der Ausblick war imposant und wir waren alle ein bisschen stolz, es geschafft zu haben:

Navarra und die Geierschlucht von Arbayun...

Spanien | Pyrenäen | Navarra | Jakobsweg per Motorad | reisecruiser.de Schöne, schönste Kurvenpassagen in Navarra

Die Abfahrt vom Col de la Pierre Saint Martin war deutlich bequemer als die Auffahrt. Kurz hinter der Paßhöhe überquerten wir die Grenze ins spanische Navarra und sofort wurden die Straßen breiter und der Belag deutlich besser.

 

Im ersten Dorf nach der Grenze machten wir einen weiteren Kaffeestop und dort erkannten wir, dass uns der Umweg knappe achtzig Kilometer mehr einbringen würde. Wir nahmen es gelassen zur Kenntnis.

 

Die Straßen waren breit und sehr gut ausgebaut - wir konnten wieder einmal zügig die unzähligen weiten Kurvenpassagen genießen. Wir fuhren via Isaba und Burgui in Richtung Lumbier.

 

Kurz vor Lumbier ging links eine Abzweigung zur "Foz de Arbayun" (Schlucht von Arbayun) ab.

 

Da muss man schon ein wenig aufpassen, denn die großzügig angelegte Kurvenstraße verführt zur Kurvenhatz; es besteht die Gefahr, dass man die Einfahrt zum Parkplatz vor der Schlucht schlicht verpaßt. Nebenbei bemerkt: In Deutschland würde die Benutzung des Parkplatzes oder der Aussichtsplattform garantiert Geld kosten, hier war es völlig kostenlos.

 

Es wäre ein Fehler, diese Schlucht nicht gesehen zu haben. Unerwartet taucht vor einem ein gigantischer Canyon auf. Die schroffen Felswände ragen senkrecht ein paar hundert Meter in die Tiefe. Sowohl Schlucht als auch Felswände sind für Menschen nahezu unerreichbar - wohl mit ein Grund, warum sich hier Europas größte Gänsegeier- und Adlerkolonie niedergelassen hat.

 

Wir warteten ein paar Minuten und dann konnten wir sie majestätisch heranschweben sehen. Es war für mich ein unvergeßlicher Anblick, diese Könige der Lüfte frei und undressiert über unseren Köpfen fliegen zu sehen. Das war jede Mühe, jede Anstrengung und jeden Umweg wert:

Keine überzeugende Vorstellung des ADAC...

Noch einige Kilometer und wir erreichten am Abend, nach fast zwölf Stunden Fahrt und fünfhundert Kilometern unser Etappenziel Pamplona. Zum erstenmal hatten wir einen komplett regenfreien Tag.

 

Da uns vorher schon klar war, dass diese Etappe anstrengend werden würde, hatten wir ein Hotel außerhalb von Pamplona gewählt. Es wäre zu stressig gewesen, jetzt noch mit der ganzen Kolonne in die Innenstadt zu fahren. Das "Holiday Inn Express" in einem Gewerbepark am östlichen Stadtrand reichte für unsere Bedürfnisse völlig aus - und es bot eine abgeschlossene Tiefgarage für unsere Moppeds.

 

Nach dem Check-In signalisierte Pit, dass der ADAC bzw. sein spanisches Pendant mit der Lösung des Batterieproblems noch nicht all zu weit gekommen sei und dass man es auf den folgenden Morgen vertagen müßte.

 

Hä, waren wir irgendwo am Arsch der Welt unterwegs, ohne jede Infrastruktur? Irgendwo einen Händler zu recherchieren, der eine passende Batterie hat, kann doch kein Problem sein, für das man 24 Stunden braucht. Professionelle Hilfe stelle ich mir anders vor.

 

Die Reisegruppe hätte sich ein Abwarten am folgenden Tag allerdings kaum leisten können und ein "same procedure as every day" wollten wir auch nicht mehr erleben. So übernahm dann Andreas die Kontrolle über die technische Leitung von Pit's BMW - und das Problem wurde am nächsten Morgen unter seiner Federführung auch endgültig gelöst...

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