Etappe 6: Von Wismar nach Bad Freienwalde & Wriezen

Rauchverbot im Freien in Stralsund, Flieger treffen Biker in Anklam und das Motorradfahren macht wieder Spaß...

Auf unserem weiteren Weg gen Osten fuhren wir durch Warnemünde nach Stralsund. In der Nähe der Nicolaikirche parkten wir unser Motorrad auf dem Marktplatz und ich zündete mir eine Zigarette an.

 

Es dauerte nur ein paar Augenblicke und schon wuchsen wie aus dem Nichts vor mir zwei uniformierte Beamte des Ordnungsamtes aus dem Boden und herrschten mich an, sofort die Zigarette auszumachen. Ich war völlig schockiert und dachte, ich stünde neben einer offenen Gasleitung oder so und schnippte sofort die Zigarette in Richtung Rinnstein - was allerdings im Falle einer offenen Gasleitung auch keine so gute Idee gewesen wäre.

 

Jedenfalls brachte dies einen von den beiden vollends auf die Palme und aus einem herrschenden Tonfall wurde animalisches Gebrüll. Erst nach mehreren Anläufen wurde mir klar, dass hier im Freien ein Rauchverbot galt. Angeblich, weil die historische Altstadt Weltkulturerbe sei. So etwas hatte ich zuvor noch nie erlebt - weder ein Rauchverbot im Freien noch den behördlichen Ausraster.

 

Wenn wenigstens Hinweisschilder dort gestanden hätten, hätte ich es nachvollziehen können. Im Beisein der beiden Stadtbüttel ging ich dann also zum Rinnstein und durfte meine Zigarette ordnungsgemäß ausdrücken und die Überreste anschließend in die Tasche stecken. Die weiteren Ausführungen hinsichtlich Bußgeld hörten wir uns nicht mehr an, sondern sind sofort wieder auf's Motorrad gestiegen und weitergefahren.

 

Stralsund sicherte sich damit vorzeitig und unangefochten den Toursieg für die unfreundlichste Stadt - nicht wegen des Rauchverbotes an sich, sondern wegen seiner völlig durchgeknallten Ordnungshüter.

Nach der Abfahrt aus Stralsund wechselten wir den Kurs von Ost nach Süd und erreichten nach einer kurzen Fahrt das Städtchen Anklam. Wir waren vom Leiter des Otto-Lilienthal-Museums zu einem Kaffeestopp und einer kurzen Führung eingeladen worden.

 

Neben zahlreichen originalgetreuen Modellen der Flugapparate aus der Ära Lilienthals werden dort auch viele künstlerisch anmutende Modelle zum Thema "Flugträume" gezeigt. Das Museum zeigt u.a. die erste bekannte bildliche Darstellung einer Luftfahrt, den Ritt auf einem Adler. Viele andere Phantasien, Ideen und Konzepte für den Menschenflug sind nur vage überliefert, aber sie wurden in Anklam in Modellen anschaulich gemacht.

 

Ein Abstecher zum Museum lohnt sich für jeden, egal, ob jung oder alt.

Entlang der polnischen Grenze und vorbei an den Städten Pasewalk und Schwedt erreichten wir dann mit einstündiger Verspätung unser Etappenziel Wriezen im Oderbruch. Ralf, der Lebensgefährte von Beate Ewald - ihres Zeichens verantwortlich für die Touristik in Bad Freienwalde und damit unsere heutige Gastgeberin - erwartete uns schon bei sich Zuhause.

 

Er gewährte uns eine Verschnaufpause, die ungefähr solange dauerte, wie man für das Austrinken eines Glas Wasser braucht. Sofort danach fuhr er seine 1500er GoldWing aus der Garage und begann seinen heutigen Job als Tourguide durch den Oderbruch. Keine Frage, ohne ihn wäre uns einiges entgangen, was den Oderbruch sehens- bzw. urlaubswert macht. Zuerst fuhren wir allerdings kurz nach Polen, um unsere Motorräder aufzutanken. Ok, bei max. 17 Liter Tankinhalt ist die Ersparnis nicht so groß wie bei einem Auto, aber was soll's. Die anschließende Sightseeingtour führte uns rund 150 km kreuz und quer durch das Gebiet um Wriezen und Bad Freienwalde.

 

Wir besuchten die Deichscharte Zollbrücke (keine Brücke, wie man meinen könnte, sondern eine kleine Ansiedlung nebst Gasthaus im Oderbruch), einen Kanuverleih in Oderberg, eine Ansammlung von Storchennestern und das alte Schiffshebewerk Niederfinow am Oder-Havel-Kanal. Erstaunlich für uns, einen "Schiffs-Fahrstuhl" live zu erleben. Direkt neben dem Schiffshebewerk befindet sich auch ein Bikertreff, zu dem es an Wochenenden zig Motorradfahrer hinzieht - nicht zuletzt wegen der kurvenreichen An- und Abfahrt. Selbst Berliner Biker, die sonst eher die Avus und die Spinnerbrücke bevorzugen, werden dort hin und wieder gesichtet.

 

Wie gesagt, die Strecke machte seit langem mal wieder Spaß. Bis dahin jedenfalls. Aber Tourguide Ralf hatte noch mehr drauf. Er wollte uns eine motorradfreundliche Pension vorstellen - immerhin mit der verlockenden Ankündigung einer Kaffeepause. Um allerdings von unserem aktuellen Standort aus auf kürzestem Wege dahinzukommen, müßten wir dann doch mal eine etwas holprigere Straße benutzen - oder einen Umweg fahren, meinte Ralf.

 

Nichtsahnend entschieden wir uns für die kürzere, eben die "etwas" holprige Strecke. Lange Rede, kurzer Sinn: Die Straße war ein wahres Eldorado für Enduro-Fahrer. Ich rechnete ständig damit, irgendwann einem Prototypen, also einem Erlkönig von KTM oder vielleicht einer neuen R 1300 GS hier zu begegnen. Mir ist bis heute unklar, wie Ralf mit seiner GoldWing so über das katastrophale urzeitliche Kopfsteinpflaster brettern konnte. Später, als wir wieder in Wriezen waren, stellten wir dann auch fest, dass unsere GT den Ritt nicht ganz klaglos überstanden hatte: Wir haben eine Mutter der Auspuffaufhängung verloren.

 

Zur Ehrenrettung der Pension muß aber fairerweise gesagt werden, dass man sie auch auf normaler Straße hätte erreichen können.

 

Der Abend endete bei Beate und Ralf Zuhause mit Grillen & Bier. Wir bedanken uns für einen tollen Aufenthalt in Wriezen/Bad Freienwalde und natürlich für die Rundfahrt mit Ralf als Tourguide. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht und wir freuen uns auf Euren Gegenbesuch hier in Köln !

MotorradreifenDirekt.de

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