Etappe 2: Von Papenburg nach Wittmund

Weniger ist Meer, ein Fischbrötchen und das Ostfriesen-Abitur...

Der zweite Tag unserer Deutschlandtour begann schon recht zeitig, denn wir wollten von Papenburg weiter in Richtung Norden und dann die Küste bis nach Wittmund entlangfahren.

 

Bevor wir uns jedoch auf den Weg machen konnten, verweigerte der Spanngurt für die Reisetasche auf dem Gepäckträger seinen Dienst. Das Gute am Norden: In fast jedem Geschäft gibt es maritimes Zubehör, also auch Segelschnüre. Gesagt getan, ab Norddeutschland veranstalteten wir jeden Morgen ein seemännisches Verknoten unseres Gepäcks. Im weiteren Verlauf der Reise war ich deshalb drauf und dran, meine ablehnende Einstellung gegenüber einem Topcase zu revidieren. (Anm.: Ich hab's aber ausgehalten und ein "Not-Klo" kommt mir bis heute nicht aufs Mopped)

 

Jedenfalls kamen wir nach einigen Kilometern tatsächlich an der Küste an - aber das Meer war weg. Weit und breit nix; nur ein paar Pfützen und Wattwanderer in der Ferne. Es sah ziemlich trostlos aus. Tja, es war halt gerade Ebbe und in sechs Stunden sollte das Meer ja wieder da sein. Also ging es die Küstenstraße entlang bis nach Dorumersiel - zum ersten Fischbrötchen an der Nordseeküste.

Wo Meerblick draufsteht, muss noch lange nicht Meerblick drin sein...

Erfreulich: Hier bei "Fisch Rinjes" kostet ein frisches Fischbrötchen gerade mal zwei Euro - aber das Meer war immer noch weg. Letztlich spielte das bei der Weiterfahrt allerdings auch keine besondere Rolle, denn die Küstenstraße entpuppte sich als Fahrt entlang einer grünbewachsenen Wand - zur Linken fuhren wir quasi immer an einem meterhohen Deich vorbei; es wäre also eh' nichts zu sehen gewesen. Jetzt wurde uns auch allmählich klar, warum die Küstenstraße hier die "Grüne Küstenstraße" heißt.

 

Zur Rechten gab's viele Pensionen, die sich mit Namen schmückten wie "Haus Seeblick" oder "Hotel Meerblick" - dabei sehen die die Nordsee auch nur bei Jahrhunderthochwassern, wenn das Wasser im Zimmer steht, oder wenn sie selbst auf dem Dachfirst stehen. Also Achtung bei einer Hotelbuchung via Internet: Wo Meerblick draufsteht, muss noch lange nicht Meerblick drin sein...

 

Auch wenn es - "motorradkurventechnisch" - immer noch ein wenig eintönig war, sind wir dann jede Ortschaft angefahren, die auf "...-siel" endete. Ein Siel ist ein Tor im Deich, erklärte man uns später. Oder andersrum: Die einzigen Möglichkeiten das Meer zu sehen, falls gerade keine Ebbe ist. Am lebhaftesten wurde es in Carolinensiel, das dann auch schon zu unserem Etappenziel Wittmund gehörte. Nostalgisch aufgebaute Raddampfer, Fischverkäufer und Restaurants bestimmen das Bild von Carolinensiel.

Ostfriesen können Friesen nich' leiden, lernt man im Ostfriesenabitur

Pünktlich auf die Minute trafen wir dann in Wittmund auf dem Marktplatz ein, wo wir von Detlef Greek vom Touristoffice mit einem herzlichen "Moin" zum Mittagessen im Ringhotel Residenz erwartet wurden.

 

Das feine Stadthotel war auch unsere Übernachtungsstation für diese Etappe. Schön für Motorradfahrer: Wir wurden gleich an der Rezeption gefragt, ob wir das Motorrad in eine Garage stellen wollen.

 

Detlef wählte nach dem Einchecken für uns das Essen aus. Die dann angelieferte Scholle war ein absoluter Genuß und entschädigte für die weggebliebene Nordsee und die überwiegend gerade verlaufenden Straßen. Bei ein paar friesisch herben Jever erzählte uns Detlef dann von der Gegend und der Geschichte Wittmunds.

 

Was die Düsseldorfer für die Kölner und die Rheinland-Pfälzer für die Saarländer sind, sind die Friesen für die Ostfriesen - mehr noch: Es gibt sogar einen Verein zur Erhaltung der Feindschaft!

 

Wittmund bietet übrigens wahrhaftig Einzigartiges: Das Ostfriesenabitur! Nur hier in der ostfriesischen Stadt Wittmund kann jeder das original Ostfriesen-Abitur an einem Tag absolvieren. Gelernt und geprüft wird in den Fächern Straßenweitboßeln, Padstockspringen, Kuhmelken, Teetrinken, Krabbenpulen und einige mehr - klar, dass hier der Spaß im Vordergrund steht.

 

Zum Abschluß eines informativen und leckeren Tages bekamen wir zur Erinnerung noch einen Wimpel des Wirtschaftsförderkreises Harlingerland überreicht und ein freundliches älteres Ehepaar, Urlauber aus dem Münsterland, stopfte uns 40 Euro in die Sammeldose für die Krebshilfe. Ach ja, was die fehlenden Kurven und Berge betrifft, wurde uns trocken erläutert: "Uns Ostfriesen fehlt hier oben straßenmäßig einfach eine Himmelsrichtung." Klar, Richtung Norden gibt's ja nur noch das Wasser...

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