Home > Test-Berichte > Motorräder & Trikes > Kawasaki Vulcan 900 - Teil 2 (Werbung)
Noch bevor sie hier ankam, wurde uns spaßeshalber gesagt: "Die ist doch nix für große Jungs..." - in netter Anspielung auf Hubraum, Leistung und Drehmoment der VN 900 Custom. Hubraum hat sie 900 cm³, Leistung 48 PS und ein maximales Drehmoment von 77 Nm.
Klar, damit ist sie von der "Dickschiff-1600-plus-Cruiserklasse" Lichtjahre entfernt, aber kommt es auf die drei Werte überhaupt an ? Muss es eigentlich immer größer werden und Dimensionen wie ein "Dosenmotor" haben ?
Ja, es käme drauf an, wenn die VN 900 einen Platz als kilometerfressender Reisecruiser mit Soziakomfort und viel Stauraum beanspruchen würde. Diesen Anspruch erhebt sie aber nicht. Nein, es kommt überhaupt nicht darauf an, wenn man sie beispielsweise als "Wochenend- oder Eisdielencruiser" versteht. Abgesehen davon bietet sie mit ihren Fahrleistungen und dem relativ geringen Gewicht einen großen Vorteil gegenüber den Dickschiffen: Sie ist wesentlich wendiger und bequemer zu händeln. Damit ist sie dann sogar großstadttauglich und sieht trotzdem aus wie 'ne Große.
Wir haben es schon öfter geschrieben: Jedes Mopped hat seine spezielle Daseinsberechtigung und folgt seinem vorgesehenen Konzept - und das macht die Vielfalt aus. Es wäre öde, gäbe es nur ein "Einheitsmopped".
Wie schon beim Abholen auf der Hochtaunusstraße erlebt (ich "mußte" sie ja zweimal fahren), gab sich die VN 900 Custom auch auf unseren Hausstrecken in der Eifel. Keine Spur von Untermotorisierung - das Teil sieht nicht nur aus wie 'ne Große, sie hat scheinbar auch die Fähigkeiten wie ne' Große. Summa summarum: Sie macht extrem viel Spaß.
Das einzige Manko: Sie ist nur eingeschränkt soziatauglich. Helene fühlte sich auf längeren Strecken hinten auf dem Brötchen nicht gerade wohl - aber dieser Punkt ist zu vernachlässigen, denn für lange Strecken und Soziabetrieb hat Kawasaki das entsprechende größere und bequemere Pendant natürlich auch im Angebot: Die VN 1700 bzw. Vulcan 1700.
Die technischen Leistungsdaten der Yamaha XV 950 und der Kawasaki VN 900 Custom liegen nicht so weit auseinander, was sich dann auch für den Normalfahrer in sehr ähnlichen Fahrleistungen widerspiegelt. Also wird in vielen Fällen die Optik und damit der persönliche Geschmack kaufentscheidend sein.
Während die Kawasaki den typischen Cruiser gibt, kommt die Yamaha in einem eigenen Bobber-Style daher. Yamaha nennt diesen Typ übrigens "ein echtes Backstreet-Bike" - was auch immer das sein soll. Googelt man das mal, kommt man auf Begriffe wie Hinterhof, Abtreibung und die Backstreet Boys...
Beide Modelle sind übrigens sehr gut verarbeitet und hinterlassen auch auf den zweiten und dritten Blick einen soliden Eindruck.
Nach unserer - absolut subjektiven Meinung - sieht man der Yamaha im Serienzustand allerdings schon an, dass sie als Ausgangsbasis für weiteres Individualisieren bzw. Customizing gedacht ist - d.h. sie sieht doch noch irgendwie "unfertig" aus, da helfen auch die (aufpreispflichtigen) Messingapplikationen nix. Als Grundlage für eine Individualisierung dürfte die Yamaha aber erste Wahl sein - was natürlich heißt, dass man da dann noch weiter in die Tasche greifen muss und das eine oder andere Scheinchen noch zusätzlich über den Händlertresen schieben darf, bis aus einem "echten Backstreet Bike" ein Bobbertraum wird...;-)
Die Kawasaki macht hingegen bereits im Serienzustand einen von A-Z durchdachten Eindruck und gefällt (uns) in ihrer Gesamtheit auf Anhieb. Alles ist "stimmig" und auf den ersten Blick gibt's da nix, was man noch ändern müßte. Natürlich gibt es auch für die Kawa mehr als genug Anreize und Ideen zum Umbau, aber sie kommt halt im Serienzustand schon überzeugend daher.
Abgesehen davon bietet die Kawasaki mit dem größeren Tank (20 l vs. 12 l bei der Yamaha) eine deutlich größere Reichweite und dürfte damit auch ein wenig tourentauglicher sein.
Zurückgebracht habe ich sie an einem naßkalten Montagmorgen. In aller Herrgottsfrühe bin ich mit ihr um sieben Uhr im feuchten Nebel in Köln auf die Bahn gefahren. Es dauerte nicht lange, bis die Feuchtigkeit durch alle Ritzen und Lücken meiner Kleidung durch war und das Fahren zero Spaß machte - das zum Thema: Motorräder läßt sich der Redakteur vom Praktikanten mit dem Hänger abholen...
Nachtrag:
Die VN 900 Custom heißt im Modelljahr 2015 Vulcan 900 Custom. Die technischen Details und der Preis sind gleich, lediglich der rote Zierstreifen wurde gegen einen grünen ausgetauscht. Namenstechnisch verhält es sich bei allen Cruisern von Kawasaki jetzt so: Aus dem Kürzel VN wurde Vulcan...
Arigatō gozaimasu, Kawasaki - vielen Dank für zwei tolle Wochen mit der VN 900 Custom !
Motortyp: Flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Viertakt-V-Motor
Hubraum: 903 cm³
Rahmentyp: Doppelschleifenrahmen-Stahlrohr-Rahmen
Lenkkopfwinkel/Nachlauf: 33º/182 mm
Radfederweg, vorn: 150 mm
Radfederweg, hinten: 103 mm
Reifen, vorn: 80/90-21M/C4 87H
Reifen, hinten: 180/70-15M/C 76H
Maximale Leistung: 35 kW (48 PS) bei 5.700/min
Maximales Drehmoment: 77 Nm bei 3.700/min
Getriebe: 5-Ganggetriebe
Endantrieb: Zahnriemen
Bremse, vorn: Gelochte Scheibenbremse, 300 mm
Bremse, hinten: Gelochte Scheibenbremse, 270 mm
Radaufhängung, vorn: 41 mm-Teleskopgabel
Radaufhängung, hinten: Uni-Trak-Federungssystem mit 7-fach einstellbarer Federvorspannung
Abmessungen (L x B x H): 2.405 x 895 x 1.120 mm
Radstand: 1.645 mm
Bodenfreiheit: 140 mm
Sitzhöhe: 685 mm
Tankinhalt: 20 Liter
Gewicht fahrfertig: 278 kg
Weitere Infos sind natürlich auf der
Homepage von Kawasaki (Werbe-Link)
zu finden.